Mitten im Sommer….an den Herbst und Winter denken? Fürchterlich, oder?

Den Garten „winterfit“ machen…

Gartenputz…

Garten aufräumen…

Der Garten als verlängertes Wohnzimmer….

Sätze, die man bald in allen Gartenzeitschriften und –blogs lesen wird. Denn die August-Ausgaben sind schon in den Geschäften und in den Septemberausgaben wird heftig beraten, was nicht alles an Arbeit im Garten ansteht…

Wem geht es dann so, dass er ein schlechtes Gewissen bekommt? Weil er meint, dass der Garten das verlängerte Wohnzimmer ist und auch so aussehen muss?

Ihr braucht kein schlechtes Gewissen zu haben! Denn es geht auch anders.

In den meisten Gärten ist Ende Juli der Großteil der Pflanzen verblüht. Manche überkommt schon jetzt, im Juli, der Drang, die ersten „Ordnungsgriffe“ zu setzen. Verblühtes abschneiden, wegräumen, „aufräumen“.

Deshalb kommt nun von mir die gute Nachricht: Der Garten ist kein Wohnzimmer, er muss nicht aufgeräumt werden. Der Garten ist ein Garten.

Dort keimt es, dort wächst es, dort blüht es, dort verblüht es und vergeht es.

Warum nun sollen wir unsere Gärten nicht so putzen wie unsere Häuser?

Weil ein bisschen gartenfaul sein, uns allen gut tut – den Tieren UND uns! Am besten ist es nämlich, (fast) NICHTS zu tun!

Verblühtes und Verdorrtes, abgefallene Blätter, etc. SCHÜTZT im Winter alles Leben darunter und es verrottet zu Humus, außer in der Hotspotzone, also in den Bereichen mit magerem Substrat. Dort soll kein Humus entstehen, dort soll es nährstoffarm bleiben.

Die einzigen Dinge, die wirklich im Herbst zu tun sind:

  1. Die Regenwassertonne entleeren und winterfest machen, damit sie nicht kaputtgeht.
  2. Die Wege vom Laub befreien, damit man im Winter nicht ausrutscht.
  3. Ein Igelwinterquartier bauen – das wäre ideal!
  4. Fertig!

Warum eigentlich soll man nun nicht aufräumen?

Der Igel braucht viel Falllaub, Reisig und Gras, um sich im Winter vor dem Frost zu schützen und seinen Winterschlaf zu halten.
In diesen Materialien wohnen noch viele andere Tiere, wie zum Beispiel Kröten und Molche, Spitzmäuse, die Waldmaus und die Haselmaus, Blindschleichen, Laufkäfer, Marienkäfer, Spinnen, usw. In hohlen Halmen spinnen sich etwa Insektenlarven für ihre Winterruhe ein. Wenn ihr Halme schon früh im Jahr habt stehen lassen, haben vielleicht Wildbienen drinnen genistet und dort warten die jungen Wildbienen in ihren Kokons auf´s nächste Jahr, um dann zu schlüpfen und die nächste Wildbienengeneration zu begründen. Und nicht zu vergessen: die nächste Nützlingsgeneration wächst hier heran. Nützlinge, die für ein gutes Gleichgewicht im Garten sorgen, damit keine Chemiekeulen notwendig sind, um gegen (oft vermeintliche) Schädlinge vorzugehen.

Die lockere Schicht aus abgeknickten Trieben, abgefallenem Laub, Blüten, vertrockneten Beeren und vieles andere mehr, isoliert Bodenknospen, Knollen und Zwiebeln vor dem Frost. Und nicht nur diese, auch das Heer der unsichtbaren Bodenorganismen wird so geschützt. In Zeiten, da immer seltener eine feine dicke Schneedecke den Boden und alles darunterliegende vor dem Frost schützt, ist so eine schützende Schicht noch wichtiger geworden.

Im Staudenbeeten ist es besonders schön, die Samenstände der verblühten Stauden stehen zu lassen. Im Winter, wenn der Garten oft trostlos aussieht, geben sie dem Garten Struktur. Und wenn Eiskristalle auf den Samenständen glitzern, werden wir ein bisschen für die gartenlose Zeit entschädigt. Also nicht nur Nutzen, sondern auch Schönheit!

Für viele Vögel sind die überwinternden Insekten fette Beute! Auch auf die Samenstände der Wilden Karden, Sonnenblumen, der Cosmeen und Flockenblumen stürzen sie sich.
Schneidet bitte die beerentragenden Sträucher jetzt nicht zurück! Die Beeren sind wertvolles Winterfutter für unsere Vögel: Hagebutten und Pfaffenkapperl, Beeren von rotem Hartriegel, Weißdorn, Liguster und wildem Wein werden gerne vernascht! So bekommen die Vögel mehr natürliches Futter und ihr müsst die Vogelfutterstellen weniger oft auffüllen!

Wer seinen Garten im Herbst also nicht aufräumt, braucht KEIN schlechtes Gewissen zu haben – er/sie kann also ein richtig GUTES Gewissen haben! Und das mit weniger Arbeit! Ist das nicht einfach großartig???

Alles Liebe – eure Karin!

Samenstand der Wilden Möhre. Ein Nesterl im Winter. So hübsch anzusehen!
Samenstand der Schachbrettblume, eine Zwiebelpflanze
Samenstände des Riesenlauchs, wunderschöne große Zierlauchkugeln waren es.
Zierlauch mit Samen
Kleiner Zierlauch
Mondviole. Die Samenschoten sind wunderschön. Wenn man die beiden Außenhüllen entfernt, kann man die Samen abnehmen und übrig bleibt dann dieses perlmuttartig schimmernde Blättchen.
Im Hortus bei Nacht: Samenstand der Flockenblume
Da hat jemand das Samenköpfchen der Weißen Lichtnelke angeknabbert.
Samenrädchen der wilden Malve.
Die Samen der Mariendistel machen sich auf den Weg…
Samenstand der Dille
Stacheliger Samenstand des Natternkopfes. Ich habe früher erst versucht, Samen abzunehmen, wenn er so vertrocknet war, ganz grau. Das war eine furchtbar stachelige Angelegenheit, am besten mit dicken Rosenlederhandschuhen zu bewältigen, und dann waren nur wenige Samen drin. Dieses Jahr mache ich es anders. Ich habe sie schon früher geerntet, bevor das stachelige Ungeheuer entsteht.
Samenstand des Fingergutes (digitalis).
Samenstand der Wilden Karde.
Ich hoffe, dass diese Königskerze im Winter ein Blickfang wird. So, wie sie sich hier biegt, ist das vielversprechend.
Im Frühjahr sieht die Fetthenne dann so aus: die dürren Stängel haben wir stehen gelassen, die wunderschönen jungen Rosetten sind schon gewachsen. Jetzt werden die dürren Stängel entfernt. Am besten geht das, wenn man sie auf eine Benjes/Totholzhecke legt. Dann können Insekten, die in Stängeln genistet oder überwintert haben, in Ruhe schlüpfen!

(c) Foto und Text: Karin Kurzmann. Aufgenommen im Hortus Girasole in Niederösterreich und im Hortus Vespertilio in Kärnten.

Titelbild: Blick auf den Hortus Girasole im Winter. So viel Struktur, so viel Abwechslung, so viel zu sehen. Wie sieht es anderswo aus? Thujen, Kirschlorbeer, Rasen…. alles Verblühte wurde abgschnitten, so überhaupt etwas geblüht hat… Zu sehen gibt es dort nix.